100 Jahre im Rallyesport ist eine
unglaubliche Zahl. Und die Erfolge der beiden fast ebenso. Alter vor
Schönheit: Thomas Zeltner stieg als Kopilot 1984 in die Szene ein,
feierte ein Jahr später in Hartberg mit Heinz Klausner in einem
Lancia 037 seinen ersten Rallyesieg und brachte es auf vier Meistertitel:
1986 und 1987 mit Georg Fischer in einem Audi Coupe und 2005 und 2007
mit Raimund Baumschlager im BRR Mitsubishi Evo V und dem Evo IX.
Baumschlager fuhr 1982 seine erste Rallye, legte nach einem frühen
Crash eine schöpferische Pause ein und kam 1984 zurück. 1986
bei der Sprintrallye in Zeltweg holte er auf einem Manta 400 seinen
ersten Gesamtsieg und brachte es bisher auf sechs Meistertitel: 1993
mit Klaus Wicha auf einem Ford Cosworth, 2003 mit Stefan Eichhorner,
2004 mit Wicha, 2005 mit Zeltner auf dem Evo V, 2006 mit Bernhard Ettel
(Evo VIII) und 2007 mit Zeltner auf einem BRR Mitsubishi Evo IX. In
der laufenden Meisterschaft liegen Baumschlager/Zeltner nach vier Läufen
- drei Siegen und einem zweiten Platz - mit einem Vorsprung von 26 Punkten
wieder auf Meisterkurs.
Was macht die Überlegenheit der „alten Männer“
aus?
„Sicher die Erfahrung von Raimund, der trotz seiner 48 Jahre die
Freude am Auto fahren nicht verloren hat und der noch immer bereit ist,
ein gewisses Risiko zu nehmen. Dazu kommt die reiche Erfahrung bei der
Fahrwerksentwicklung und Abstimmung. Da holt er noch entscheidende Zehntel
trotz seines `schweren` Beifahrers“, nimmt sich Zeltner selbst
auf die Schaufel. Auch dafür, dass Baumschlager im Rallyesport
eine Ausnahmekönner ist, hat EDV-Spezialist „Major Tom“
eine schlüssige Erklärung: „Raimund nimmt seinen Sport
sehr ernst, ist ehrgeizig, aber nicht verbissen, dass er sich selbst
im Weg steht. Er denkt `25 Stunden` am Tag über seinen Sport nach
und das hat er mit der Weltspitze gemeinsam.“
Und Zeltner vergleicht Baumschlager mit seinen wichtigsten Chauffeuren:
Georg Fischer war ein großes Talent, aber er ist nicht bis zum
letzten gegangen, hat sich mit dem zufrieden gegeben, was er `derfahren`
hat. Franz Wittmann hat immer geschaut, das Material zu optimieren,
war mit seinen Topautos immer auf dem letzten Stand. Raimund geht über
das noch einen Schritt hinaus, versucht immer weiter zu entwickeln.“
Zeltner, der erst spät bei
Baumschlager einstieg, nennt auch den Grund dafür: Spaß.
Jenen Spaß, den Baumschlager nach seinem `Ford-Abenteuer` verloren
zu haben schien und den er bei der Jänner-Rallye in einem älteren
Gruppe-A-Mitsubishi wieder fand, als er sich mit Franz Wittmann im Toyota
Corolla WRC ein Duell auf Biegen und Brechen geliefert hatte und das
Wittmann erst auf den letzten Kilometern für sich entscheiden konnte.
„Die Chemie im Auto hat von Anfang an gestimmt, es hat nie Geheimnisse
zwischen ihm und mir gegeben. Raimund weiß auch die Arbeit des
Beifahrers außerhalb des Autos zu schätzen und das gibt zusätzlich
Vertrauen.“ Auch in den „big moments“, bei denen es
um „Sein oder Nichtsein“ auf der Straße geht: „Nach
einem Abflug ist Raimund mehr fertig als ich.“ Und es wäre
nicht Thomas Zeltner, wenn er nicht ergänzte „Das, was ich
mit Raimund in einer Saison an Uiuiui-Erlebnissen habe, hatte ich mit
vielen anderen Fahrern in nur einem Lauf.“ Zum Beispiel mit seinem
Bruder Ruben, der auf dem Beifahrersitz bei Baumschlagers vielleicht
größtem Erfolg saß, beim WM-Lauf 1990 auf Korsika,
wo Baumschlager mit dem VW Golf GTI 16V in der Weltspitze mitmischte
und mit Platz 5 die Fachwelt in Erstaunen setzte. Thomas Zeltner: „Mit
Raimund zu fahren, macht Spaß, er ist auch noch jetzt fast auf
Korsika-Level.“
25 Gesamtsiege – über
den Daumen gepeilt - hat Zeltner mit seinen Chauffeuren in seinen 24
Rallye-Jahren erreicht (dazu drei 4. Plätze in WM-Läufen und
einen 2. Rang bei der Himalaya Rallye). Ihnen stehen 40 von Baumschlager
(ein 8./San Remo, 5./Korsika und 6./Safari bei WM –Läufen
und ein 24-Stunden-Weltrekord) gegenüber, im gleichen Zeitraum.
Wie sieht Baumschlager sein
„altes“ Schlachtross?
„Bei Thomas ist nach wie vor das Feuer da, das manchen Jungen
fehlt, es geht ihm ums Rallye fahren und nicht ums Geld verdienen. Er
ist gewissenhaft und macht einen guten Job, nicht nur als Beifahrer
auf der Sonderprüfung, da ist er sehr gut, macht keine Fehler.
Das war für mich auch die Grundvoraussetzung mit ihm zu fahren.
Dazu unterstützt er mich auch rundherum. Er ist einfach ein Perfektionist.
Was er als stressgeplagter EDV-Chef für Osteuropa von Metro so
nebenbei an essentiellen Sachen für die jeweilige Rallye (wie Servicepläne
etc.) leistet, ist sensationell.“
Perfektionist ich auch Baumschlager: „Ich versuche bei jeder Rallye
perfekt zu fahren, keine Fehler zu machen. Es `scheppert` bei uns ja
immer g`scheit, wenn ein Fehler passiert. Während bei mir sofort
die Ursachenforschung im Kopf beginnt, hat Thomas auch in den `beschissensten`
Situationen einen guten Sager drauf. Unrund wird er nur, wenn wir nicht
vorne dabei sind, wie bei der heurigen Bosch Rallye, als wir auf dem
Rohrbacher Rundkurs bei strömenden Regen nach Aquaplaning fast
im Bahnhofsgebäude gelandet sind und ich daraufhin abdrehte, nur
um ins Ziel zu kommen. Da war es mit `lustig` vorbei.
Oder wenn wir den Konkurrenten in den leichteren, aber zumindest gleichstarken
S2000-Autos hinterherfahren. Ich weiß, was das Material hergibt,
Thomas will es nicht wahrhaben. Ansonsten amüsieren wir uns schon
sehr, wenn wir zu einer Rallye, die Freitagmittag oder am Nachmittag
beginnt, Mittwoch abends oder Donnerstag früh anreisen und zwei-
oder dreimal über die Prüfungen drüber fahren und dann
auf die `Trainierer` treffen, die schon länger da `wohnen`.
Eines weiß Baumschlager aber auch, dass sein Kopilot ein „Steher
der alten Schule“ nicht nur im Auto ist. „Irgendwie tut
es mir immer leid, dass wir nach einer erfolgreichen Veranstaltung schnell
packen und nach der Siegerehrung gleich heimfahren, um den Sonntag mit
der Familie zu verbringen. Das stört ihn schon sehr.“
Und wie sehen sich Zeltner und
Baumschlager, die als „Hunderter“ Rallyegeschichte in Österreich
schreiben:
Zeltner, Nummer 13 von Baumschlagers
Beifahrern „Ich kann immer noch schneller ansagen, als der Loeb
fahren kann.“
Baumschlager: „Der Stig Blomqvist
hat mich 2003, als er 58 Jahre alt war, in der Krieau beim Auftakt zur
OM Rallye in der Buckligen Welt im direkten Duell gebügelt, er
ist mein Vorbild. Ich bin jetzt 48. Also kann sich jeder ausrechnen
wie lang ich noch fahr. Voraussetzung ist allerdings, dass ich gesund
bin und ich mir meinen Sport leisten kann. Ein finanzielles Risiko gehe
ich sicher nicht ein. Ich hoffe, dass ich noch lange mit Thomas fahren
kann.“
Wenn das auch bei der großen
Belastung Baumschlagers durch seine Firma BRR, Sport und Testarbeit
für einen Weltkonzern und Zeltners Stressjob bei der Osteerweiterung
seines Konzerns nicht leicht unter einen Hut zu bringen ist: Eines möchte
sich Baumschlager zusätzlich in einigen Jahren noch gönnen,
einen österreichischen Meisterschaftslauf mit Tochter Lisa (15)
auf dem Beifahrersitz zu fahren. Und da ist eines sicher. „Major
Tom“ wird dabei als Ratgeber mit demselben „Feuer“
dabei sein, mit dem beide die schon länger angesagte „Wachablöse“
in der österreichischen Rallyeszene ignorieren.
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